Beschreibung
Fortsetzungen haftet das Manko an, ihren Vorgängern in nichts nachstehen zu dürfen. Sind sie gleichwertig, kommt das zumeist einem „zu wenig“ gleich. Max Heckel hat 2018 den ersten Band seiner „Autobiografischen Fiktionen“ veröffentlicht. Drei Jahre liegen zwischen diesem Debüt und einem Werk, das ein Mehr zu liefern hat, wenn es neben seinem Vorgänger nicht das Gesicht verlieren will. Heckel stellt sich indes gegen einen Zeitgeist, der Torverhältnissen mehr Beachtung schenkt als dem eigentlichen Spiel. Mit Liebe, Selbstzweifeln, Demut und Dankbarkeit schaut er auf seine Kindheit zurück. Eine Kindheit, die wundervoller nicht hätte sein können. Er sieht sich und sein Wesen im Licht von Wandel und Beständigkeit.
Er erkennt Fehler, die ein Leben lang wirken, offenbart die Spuren seiner geliebten Eltern sowie seiner Familie in seinem Denken und Tun und entblößt sich. Er erhebt den Makel, das heißt sich selbst, zum Objekt und Subjekt zeitloser Erfahrungen. Denn drei Dinge waren es, die ihn zu dem machten, was er heute ist: Liebe, Geborgenheit und Freiheit.
Tadeusz Kopinsky (Autor, Musiker, ungefragter Kritiker)
Leseprobe
Mein erstes Playboy-Heft
Mit der Erkenntnis, dass Mädchen nicht nur sowas wie »Jungs in
anderer Form« sind, gedeiht in mir etwas, dass man gemeinhin
»fleischliche Lust« nennt. Anders ausgedrückt: Ich entdecke, dass
das, was meine Eltern zärtlich »Pillermann« nennen, für mehr zu
gebrauchen ist als lediglich zur Abgabe von Urin. Wir sind ein
fernsehloser Haushalt. Das Internet ist noch etwas, das ich nur
dem Namen nach kenne. Glücklicherweise ist Mama ein Freund
von Aktfotografie. Es ist aber recht auffällig, wenn ich der jüngsten
Entdeckung meiner Regungen im Badehosenvorderbereich das
zufällige Aufkeimen meiner Begeisterung für Aktfotografie zur
Seite stelle. Will sagen: Ich kann schwerlich die nackigen Frauen
aus Mamas Fotografie-Büchern unauffällige Zuwendung schenken.
Mama hat über viele Jahre ein Heft gesammelt. Es heißt DAS
MAGAZIN. Da sind auch Fotos drin, die mich interessieren. Mama
guckt da fast nie rein. Ich schneide also die Bilder aus und
klebe sie ordentlich in ein Heft, das ich unter meiner Matratze
verstecke. Ich beschließe zu dieser Zeit, dass ich nun erwachsen
genug bin, mein Bett selbst zu beziehen. So findet niemand meine
Sammlung pikant-erotischer Aufnahmen. Ich avanciere zum
interessierten Leser von Erwachsenenzeitschriften. Manchmal ist
das DER SPIEGEL. Manchmal der stern. Kataloge lese ich auch
gern. Und nach meiner gewissenhaften Lektüre sind die jeweiligen
Medien immer einige Bilder leichter.
Nach ein paar Monaten fragt Mama, ob ich an ihrer MAGAZIN-Sammlung
gewesen sei. Ich verneine vehement. Was solle ich schon
mit ihren MAGAZINEN? Mama sagt, dass diese Sammlung von
»einem gewissen Wert« sei. Das nehme ich derart zur Kenntnis.
Und will nur raus aus diesem unangenehmen Gespräch. Ich bleibe
bei meiner Version, dass ich von nichts weiß, dass ich aber umgehend
Bescheid geben würde, wenn ich sähe, wie sich jemand an ihrer
Sammlung zu schaffen mache. Am nächsten Tag finde
ich unter meiner Matratze die aktuelle Ausgabe des Playboy.
Mama sagt nichts dazu. Ich auch nicht. Aber seither hat sich
auch niemand mehr an ihrer MAGAZIN-Sammlung zu schaffen
gemacht.
Informationen und Downloads
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Künstler | Max Heckel |
Name | Autobiografische Fiktionen & Gegenwärtige Reflexionen II |
Veröffentlichungsdatum | |
Genre | Kurzgeschichten, Lyrik |
Medium | Buch |
Verlag/Label | Prosodia |
Prosodia-Link | https://prosodia.de/voe/autobiografische-fiktionen-gegenwaertige-reflexionen-ii/ |
Pressetext | Pressetext kopieren |
ISBN | 978-3-945469-17-0 |
Einband Vorderseite © Max Heckel, Ronny Harbich | |
Einband Rückseite © Max Heckel, Ronny Harbich | |
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